Die Pflegebranche steht vor großen Herausforderungen. Der demographische Wandel, die Digitalisierung und ethische Fragen in Bezug auf Robotik spielen eine zentrale Rolle. Gleichzeitig müssen Lösungen gefunden werden, um Einsamkeit zu bekämpfen, bürokratische Hürden zu reduzieren und Fachkräfte zu gewinnen.

Wie kann Pflege in Zukunft so gestaltet werden, dass sie nicht nur menschenwürdig bleibt, sondern auch nachhaltig funktioniert?

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Die Alterung der Gesellschaft führt zu einem steigenden Pflegebedarf. Gleichzeitig gibt es immer weniger junge Menschen, die sich für den Pflegeberuf entscheiden.

Steigender Pflegebedarf, weniger Personal

Die Pflegebranche muss deshalb neue Wege finden, um qualifiziertes Personal zu gewinnen. Ein wichtiger Aspekt dabei ist die Integration von ausländischen Fachkräften. Bürokratische Hürden und langwierige Anerkennungsverfahren müssen abgebaut werden, um diesen Prozess zu erleichtern. Gleichzeitig erfordert die Anwerbung gezielte Maßnahmen, wie Sprachförderung, kulturelle Sensibilisierung und faire Bezahlung, um eine nachhaltige Integration zu sichern.

Die Zusammenlegung der drei verschiedenen Pflegeausbildungen zu einer gemeinsamen generalistischen Pflegeausbildung war ein wichtiger Schritt, um den Pflegeberuf attraktiver zu gestalten. Pflegekräfte erhalten ein breites Kompetenzspektrum und mehr Flexibilität in verschiedenen Bereichen. Da jedoch nicht alle spezifischen Anforderungen in der dreijährigen Ausbildung abgedeckt werden können, sind refinanzierte Weiterbildungen nach dem Abschluss essenziell.

Die Akademisierung der Pflege eröffnet zudem neue Karrierewege und steigert die Professionalität des Berufes. Umso wichtiger ist es uns als Diakonie, sich auch für einen grundständigen Pflegestudiengang in Niedersachsen stark zu machen.

Digitalisierung in der Pflege: Chance oder Herausforderung?

Die Digitalisierung bietet enorme Potenziale für die Langzeitpflege – sowohl für Pflegebedürftige als auch für das Pflegepersonal. Technische Assistenzsysteme und digitale Dokumentation können den Arbeitsalltag erleichtern, die Selbstständigkeit von Pflegebedürftigen fördern und mehr Zeit für menschliche Zuwendung schaffen. Dennoch kommt die Umsetzung nur schleppend voran. Im internationalen Vergleich weist die Digitalisierung des deutschen Gesundheitssystems große Defizite auf.¹ Um diesen Rückstand aufzuholen, investieren Pflegeeinrichtungen in Netzwerkinfrastruktur und digitale Systeme, ohne dass diese Kosten ausreichend refinanziert werden. Es benötigt gezielte Anreize und eine nachhaltige Finanzierung, um digitale Innovationen langfristig zu etablieren.

Die zunehmende Automatisierung und der Einsatz von Robotern in der Pflege werfen zusätzliche ethische Fragen auf. Obwohl Roboter körperlich belastende Arbeiten übernehmen und das Pflegepersonal entlasten können, besteht die Gefahr, dass zwischenmenschliche Beziehungen vernachlässigt werden. Die Herausforderung besteht darin, Technologien gezielt einzusetzen, um die menschliche Zuwendung zu ergänzen, nicht zu ersetzen. Ethische Leitlinien müssen sicherstellen, dass der Mensch im Mittelpunkt bleibt.

Altersarmut durch Pflegebedürftigkeit – ein unterschätztes Risiko

Pflegebedürftigkeit kann schnell zur finanziellen Belastung werden. Viele Menschen können die Kosten für eine stationäre oder häusliche Pflege nicht alleine stemmen. Das Risiko der Altersarmut steigt, insbesondere wenn die Renten nicht ausreichen.

Laut einer Auswertung des Verbands der Ersatzkassen e.V. (vdek) vom 01.Juli 2024 müssen Pflegebedürftige mittlerweile im ersten Jahr ihres Heimaufenthalts durchschnittlich einen Eigenanteil von 2.871 Euro zahlen. Es ist dringend notwendig, Maßnahmen zu ergreifen, um die Pflege bezahlbar zu gestalten. Dazu gehören eine Deckelung der Eigenanteile, eine bessere Finanzierung der Ausbildung und eine gerechtere Kostenverteilung zwischen Pflegeversicherung und Krankenkassen. Ebenso ist eine bundesweit einheitliche Regelung für Investitionskosten erforderlich, um eine faire und nachhaltige Finanzierung des Pflegesystems zu gewährleisten.

Fazit: Jetzt handeln – Petition zur Verbesserung der Pflege unterstützen

Die Pflegebranche steht vor einem tiefgreifenden Wandel. Es braucht politische Entscheidungen, die Pflegekräfte entlasten, pflegebedürftige Menschen unterstützen und innovative Technologien verantwortungsbewusst einsetzen. Um auf diese dringenden Herausforderungen aufmerksam zu machen, hat die Diakonie Deutschland eine Petition ins Leben gerufen. „Auch du brauchst Pflege. Irgendwann.“ Am Tag der Pflege, am 12. Mai 2025, wurde diese Petition an Politikerinnen und Politiker öffentlich übergeben. Mehr unter https://pflege.diakonie.de/informationen- zur-kampagne/

 

Marion Timm

Vorständin Diakonisches Werk Evangelischer Kirchen in Niedersachsen e.V.
Ebhardtstraße 3 A 30159 Hannover
www.diakonie-inniedersachsen.de