Seit 1996 berät und begleitet die Beratungsstelle für Lebens- und Beziehungsfragen am Kirchröder Turm Menschen in besonderen Herausforderungen. Das Jubiläum im September machte Mut für die Zukunft.

Die Bewältigung traumatischer Ereignisse und Lebensphasen, depressive Erkrankungen, Beziehungskonflikte, die Belastungen durch die Pflege eines Angehörigen, Orientierungshilfe, die Gründe für den Besuch der Beratungsstelle sind vielfältig. Bis heute hat sich das Beratungsangebot und das Beratungsteam ständig erweitert, vernetzt und sich über die Region hinaus einen Namen gemacht. In bis zu 2000 Beratungsgesprächen pro Jahr erfahren seit nunmehr 25 Jahren Ratsuchende Annahme, Wertschätzung und authentische Hilfestellung. Gemeinsam mit Wegbegleitern und Unterstützern haben wir dieses Jubiläum am 19. September 2021 gefeiert. In einem Festgottesdienst in der EFG Walderseestraße Hannover interviewte der jetzige Leiter der Beratungsstelle, Horst Weichert, den damaligen Vorstand und Gründungsmitglied der Beratungsstelle, Jürgen Sandersfeld, zu den Herausforderungen
des Beginns und zog Vergleiche zum Stand der Beratungsarbeit heute. Auch damals schon, so Sandersfeld, war die Finanzierung der Arbeit eine Glaubensherausforderung. Damals wie heute steht aber der einzelne Ratsuchende im Fokus.

In der Predigt des Festgottesdienstes vertieften Pastor Dr. Michael Rohde und die ehemalige Leiterin der Beratungsstelle Sabine Mascher die Frage Jesu an den blinden Bettler in Lukas 18: „Was willst du? Was soll ich für dich tun?“ Gleich wie Jesus den Randständigen in die Mitte holt, Gemeinschaft schenkt, fragt und sich dann die Augen öffnen, lassen sich Parallelen zu Therapie und Beratung knüpfen. Den Ratsuchenden abholen, wo er ist, sich nahbar machen, den Auftrag klären, Licht ins Dunkle bringen und manchmal auch an den blinden Flecken arbeiten und einen neuen (Über-)Blick gewinnen, Ressourcen entdecken, motivieren und zurück ins eigenverantwortliche Leben bringen sind viele kleine Puzzle-Teile der Beratungsarbeit. Hans-Peter Pfeifenbring, jetziger Vorstand des Diakoniewerks Kirchröder Turm, segnete gemeinsam mit Dr. Michael Rohde die Mitarbeitenden der Beratungsstelle.

Am Nachmittag wurde mit einem Festakt in den Räumen des Diakoniewerks Kirchröder Turm e.V. noch einmal ausführlicher der Geschichte der Beratungsstelle gedacht. Diakonische Angebote entstehen als Antwort auf die Nöte der Zeit und durch Menschen, die im Glauben dieser Not begegnen. So stand auch am Beginn der Beratungsstelle die Beobachtung, dass der wachsenden psychischen Not der Menschen in den Gemeinden nicht ausreichend
seelsorgerlich therapeutisch begegnet werden könne. Voller Dankbarkeit freute sich der Mitbegründer und erste Leiter der Beratungsstelle, Helmut Donsbach, in seinem Brief anlässlich des Jubiläums über das kontinuierliche Wachstum dieser Arbeit.

In seinem Festvortrag sprach Psychotherapeut, Seminarleiter und Autor Dr. Michael Bohne zum Thema „Die Pandemie und ihre Auswirkung auf Therapie und Beratung“. Er wies dabei auf das Dilemma hin, dass der gewachsenen psychischen Not als Auswirkung des „social distancing“, des Abstand-nehmen-Müssens, nicht mit einem entsprechenden therapeutischen Angebot begegnet würde. So könnten Therapeuten bei dem um 40 Prozent gestiegenen Bedarf kaum Therapieplätze anbieten. Klienten müssten monatelange Wartezeiten in Kauf nehmen und nur jede vierte Anfrage würde, so Bohne, überhaupt zu einem Erstgespräch führen. Hier bestehe dringender Handlungsbedarf.

Bei anschließendem Stehkaffee und angeregt durch das Gehörte kamen viele der über 50 Gäste von Gemeinden, Institutionen, Politik und Freundeskreis miteinander ins Gespräch.

Horst Weichert,
Leiter der Beratungsstelle am Kirchröder Turm